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BRÖSELMASCHINE | ELEGY-Release-Konzert 2019 - Grammatikoff Duisburg - 27.10.2019
BRÖSELMASCHINE, ELEGY-Release-Konzert, Grammatikoff Duisburg, 27.10.2019
Es ist schon etwas ganz Besonderes, wenn eine Band ihr 50(!)-jähriges Bestehen feiern kann, wie es den Folk-Rockern / Weltmusikern BRÖSELMASCHINE im Jahr 2018 standesgemäß gelang. Noch seltener gibt es Bands, die es auch nach einem halben Jahrhundert schaffen, mit Veröffentlichungen zu glänzen, die das Niveau vergangener Jahrzehnte nicht nur halten, sondern sogar noch steigern können. Dass auch das neueste Werk aus der Schmiede Peter Burschs und seiner formidablen Mitstreiter ein weiteres Highlight im Portfolio der Band ist, davon konnten sich die zahlreichen Zuschauer und Fans im Duisburger GRAMMATIKOFF am vergangenen Sonntagabend überzeugen. Doch der Reihe nach.
Eigentlich ist über BRÖSELMASCHINE und den Werdegang der Band schon alles gesagt, respektive geschrieben. Gegründet 1968 von Peter Bursch und dem leider 2018 verstorbenen Willi Kissmer, gehörte die Band, deren Urbesetzung allesamt Mitglieder einer Duisburger Kommune waren, zu den Urgesteinen deutscher Rockmusik. Nachdem sich die Band etwa Mitte der 1980er Jahre aufgelöst hatte, kam es 2005 aufgrund eines ROCKPALAST-Livemitschnitts zu einer Reunion, an der auch HELGE SCHNEIDER beteiligt war, der immer mal wieder kurze Gastspiele bei LP-Aufnahmen oder Live-Gigs gibt.
Der Einfluss, den BRÖSELMASCHINE auf die deutsche Rockmusik hatte und immer noch hat, lässt sich wahrscheinlich am besten anhand einer kleinen Anekdote verdeutlichen. Als ich im Vorfeld des Konzerts mit Musikreviews-Chefredakteur Thoralf Koß über die Band sprach, erzählte dieser mir, dass er, damals noch zu DDR-Zeiten, für ein Album der BRÖSELMASCHINE sage und schreibe 150 Ost-Mark auf dem Schwarzmarkt berappt hatte, um in den Genuss westlich-verpönter Dekadenz zu gelangen. Somit stand für mich der Entschluss, das Release-Konzert zu besuchen, spätestens nach diesem Gespräch fest.
Im Grammatikoff angekommen, empfängt mich die warme Atmosphäre eines typischen Familienunternehmens, denn Burschs Ehefrau steht an der Kasse, während seine Tochter den Merch-Stand schmeißt. Zudem ist das Hemd, das Peter Bursch während des Konzerts trägt, ein Entwurf seiner Tochter. Chapeau! Die Anhängerschaft ist bereits zahlreich vor der Bühne versammelt und wartet gespannt auf die BRÖSELMASCHINE.
Die Band startet mit dem Titelsong des aktuellen Albums und „Elegy“ entfacht sofort eine großartige Stimmung vor und auf der Bühne. Stella Tonon, die den Part vor dem Mikrofon innehat, glänzt mit eindringlichem Gesang, der perfekt zum Titel passt. Mit dabei ist Violinistin Tamara Sidorova, Mitglied des Staatsorchesters Moskau, die schon mit ERIC CLAPTON auf Tournee gewesen ist. Peter Bursch erzählt, dass zunächst nur ein Song mit der Sidorova geplant war, im Laufe der Aufnahmen aber weitere Einsätze für die mittlerweile in Düsseldorf wohnende Musikerin hinzukamen.
„Bliss“, ebenfalls vom aktuellen Album, gefällt mit irischen Folkloreelementen und zeigt die Vielschichtigkeit der Band, deren Musik sich bis heute nicht in irgendwelche Schubladen stecken lässt, was mit „Oriental Mind“ erneut unterstrichen wird, denn hier dominieren arabeske Harmonien, die Peter Bursch mit seiner Sitar untermalt. Großartig. Stella Tonon dominiert die Bühne mit Derwisch-inspiriertem Ausdruckstanz zu orientalisch-treibenden Rhythmen, die Schlagzeug-Virtuose Manni von Bohr zusammen mit Bassmann Carlos perfekt in Szene setzt. Carlos vertritt an diesem Abend den krankheitsbedingt fehlenden Detlef Wiederhöft.
Mit „Hello Hello“ gibt es dann erstmals älteres Material, bevor mit dem 12-Minuten Opus „Indian Camel“, dem Titel-Track des 2017er Albums, die gesamte Palette einer Band abgerufen wird, deren Musiker allesamt Meister ihres Fachs sind. Hier wird munter improvisiert, ohne den Blick für das Gesamtkunstwerk aus den Augen zu verlieren. Eindrucksvoll.
„I´d Rather Go Blind“ im Anschluss ist eine Cover-Version des ETTA JAMES-Klassikers, der schon lange zum Standardprogramm der BRÖSELMASCHINE gehört, aber erst jetzt auf „Elegy“ veröffentlicht wurde, wohl auch deshalb, damit - wie Peter Bursch scherzhaft bemerkt - endlich die Antwort auf die Frage gegeben werden kann, auf welcher Scheibe der BRÖSELMASCHINE dieser Titel denn enthalten ist.
Danach gibt es eine kurze Pause, die den Akteuren und dem Publikum Gelegenheit gibt, etwas durchzuschnaufen. Ganz nebenbei erfährt man durch einige Gespräche mit langjährigen Anhängern der Band Näheres über die mehr als 50-jährige Geschichte der BRÖSELMASCHINE.
Als Peter Bursch und seine Band wieder die Bühne betreten, brandet sofort Jubel auf, denn auch der zweite Teil der Setlist ist gespickt mit hochkarätigem Material. Nach „Pajaro“ gibt es mit „Sofa-Rock“ ein weiteres Highlight des aktuellen Longplayers, der mit indianisch anmutenden Klängen wiederum Register der Weltmusik zieht, die hier in Duisburg lang anhaltend gefeiert werden, auch weil Frontlady Stella erneut mit Tanzeinlagen glänzt. „Fall Into The Sky“ vom „Indian Camel“-Album imponiert durch laid-back angelegtes Arrangement und schwebend-flirrende Keyboardklänge, die Tom Plötzer immer wieder virtuos einstreut. „Sole Ruler“, ein Blues-Rocker der Extraklasse und „Black Is Your Color“, der an typischen ZZ-TOP Boogie erinnert, liefern weitere Highlights, beide ebenfalls vom neuen Album, wobei insbesondere letzterer vom Publikum euphorisch gefeiert wird. Ein ganz starkes Ding.
Nach „For My Friends“ folgt mit „I Was Angry“ der vorerst letzte Eintrag der Setlist, der ein monumentales Schlagzeugsolo Manni von Bohrs enthält, in dem dieser eindrucksvoll seine Klasse unterstreicht. Eine Demonstration grandioser Spieltechnik, die so manchen Metal-Drummer ganz blass werden ließe.
Aber natürlich gibt es an diesem Abend eine umfangreiche Zugabe. „Children Of The Revolution“, der T-REX- Welthit, darf ebenso wenig fehlen wie die Hommage der BRÖSELMASCHINE an ihre Wurzeln, die mit „Bei Uns Zuhaus“ zelebriert wird. „Meidericher Shuffle“ und „Don´t Cross My Way“ beenden ein großartiges Konzert, das keine Wünsche offen lässt und im Grammatikoff noch lange gefeiert wird.
FAZIT: BRÖSELMASCHINE sind auch im 51. Jahr ihres Bestehens eine feste Institution und lebendiger denn je. Peter Bursch und seine Mitstreiter liefern einen denkwürdigen Auftritt, der die Qualität des aktuellen Albums „Elegy“ auch „live“ demonstriert und die Ausnahmestellung als lebende Legenden unterstreicht, denen es gelungen ist, den Geist der Flower-Power-Generation ins Hier und Jetzt hinüber zu retten, ohne antiquiert zu wirken.
Line-Up:
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Gesang: Stella Tonon
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Gitarre, Sitar, Gesang: Peter Bursch
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Schlagzeug: Manni von Bohr
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Gitarre, Gesang: Michael Dommers
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Keyboards: Tom Plötzer
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Bass: Carlos
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Violine: Tamara Sidorova